Unglückliche Umstände

Nach einer unge­wöhn­lich schlech­ten Auf­füh­rung wand­te sich jemand an Alfred Kerr mit der Fra­ge: „Nun, wie fan­den Sie es?”
„Ich glau­be, es wäre nicht fair von mir, wenn ich dar­über urtei­len woll­te,”  erwi­der­te Kerr. „Ich sah das Stück unter ganz beson­ders unglück­li­chen Umstän­den — der Vor­hang war die gan­ze Zeit auf.”


Doro­thy Thomp­son, spä­ter eine der gewal­tigs­ten und furcht­erre­gends­ten Kri­ti­ke­rin­nen in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten, war alles ande­re als das, als Sin­clair Lewis sie zum ers­ten Mal bei einer Abend­ge­sell­schaft in Ber­lin traf. Lewis war so ent­zückt von ihr, dass er sich wäh­rend des Essens über ein paar kon­ster­nier­te Gäs­te hin­weg­lehn­te und ihr einen Hei­rats­an­trag machte.
Die Lewis’ hat­ten ein ruhi­ges und schö­nes Leben, bis Doro­thy Thomp­son als Publi­zis­tin so berühmt wur­de, dass sie für nichts ande­res mehr Zeit fand. Eines Abends wur­de Lewis gefragt, wo denn sei­ne Frau sei.
„Sie ist vor drei Jah­ren im NBC-Rund­funk-Stu­dio ver­schwun­den,” sag­te der Gat­te beküm­mert, „und seit­dem hat sie kei­ner mehr gesehen.”


Eliza­beth Che­va­lier, Autorin eines ame­ri­ka­ni­schen Best­sel­lers, schrieb an einen Freund:
„Hast du schon die Geschich­te von dem Schrift­stel­ler gehört, der einen alten Freund trifft? Nach­dem sie sich zwei Stun­den unter­hal­ten haben, sagt der Schrift­stel­ler: ‚Jetzt haben wir aber lan­ge genug von mir gere­det — erzähl’ doch nun mal was von dir! Wie fandst du mei­nen letz­ten Roman?’ ”


Eine Klau­sel in Heming­ways Ver­trag ver­bie­tet den Ver­le­gern, an Heming­ways Manu­skript auch nur ein ein­zi­ges Wort zu ändern. Der aus­ge­zeich­ne­te Lek­tor von Scrib­ner, Max­well Per­kins, las das Manu­skript von „Tod am Nach­mit­tag”, als er auf ein altes angel­säch­si­sches Wort stieß, das mit „f” anfängt und vier Buch­sta­ben hat. Er eil­te auf der Stel­le zum Büro des bereits etwas älte­ren Charles Scrib­ner und las ihm die anstö­ßi­ge Stel­le vor. Der wür­di­ge Herr geriet in Verlegenheit.
„Beden­ken Sie,” sag­te Per­kins, „nach dem Ver­trag dür­fen wir kein Wort ändern!”
„Tja,” erwi­der­te Charles Scrib­ner bedäch­tig, „dar­über müs­sen wir nach dem Essen noch ein­mal aus­führ­lich bera­ten.” Geis­tes­ab­we­send notier­te er das Wort auf einem Blatt Papier, auf dem oben­an stand „Was heu­te zu tun ist“.
Es geht noch fer­ner das Gerücht, dass die Sekre­tä­rin einen Blick auf jenes Blatt warf, wäh­rend Charles Scrib­ner beim Essen war. Sie schnapp­te nach Luft und rief aus: „Du lie­ber Him­mel, muss eine Sekre­tä­rin ihren Chef an alles erinnern?”

(aus „Try and Stop Me” von Ben­nett Cerf, aus dem Eng­li­schen über­setzt von Eli­sa­beth und Horst Soyka)