Mit Ton fühlte ich mich auch längeren Formaten und ernsteren Themen gewachsen und war entschlossen, die Geschichte einer Republikflucht in Szene zu setzen. Mein Deutsch- und Französischlehrer, Joachim Schrimpf, reagierte entsetzt und abwehrend, als ich ihm das Exposé während eines Klassenausfluges nach Ostberlin enthusiastisch vortrug. Rückblickend betrachtet, war der Zeitpunkt vielleicht nicht gut gewählt. Auswirkungen auf den weiteren Verlauf hatte die Ermahnung meines Lehrers nicht.
Wichtig fand ich gleich nach dem Plot die glaubhafte Darstellung der Militärmacht und nähte selbst an der Nähmaschine aus dem billigsten grünen Stoff, den ich bekommen konnte, zwei Chemisettchen, die unter die zu der Zeit sehr verbreiteten grünen Parkas gezogen wurden und bastelte Schirmmützen aus Pappe. Irgendwie muss mir entgangen sein, dass die Uniformen in der DDR eigentlich Feldgrau waren. Meine Freunde Jens und Andreas stellten im Film solcherart verkleidet die Militärmacht dar, mein Klassenkamerad Wolfgang spielte den Republikflüchtling. Im Übrigen hat der Film alle Elemente eines Road Movie, denn der Ausreißer musste ja seinen Weg durch die Republik zur Grenze finden. Aufnahmen, die bei einem Besuch bei unseren Großeltern in Leipzig gemacht hatte, kombinierte ich mit verschiedenen landschaftlich reizvollen Ausblicken, durch die der Flüchtige taumelt, Vogelzwitschern und romantischer Musik. Aufnahmen der DDR-Grenze konnte ich in Fußwegnähe meines Elternhauses machen. Vielleicht war ich etwas unbekümmert, aber meiner Meinung nach konnte es von der anderen Seite auch nicht viel schlimmer aussehen.
Betrachter des fertiggestellten Films hatten viel Freude an den Landschaftsaufnahmen, fanden die Aussage des Films aber entweder unklar oder reaktionär. Ich beschloss, dass Thema später noch einmal aus einer anderen Perspektive aufzugreifen („Westberlin — Frontstadt des kalten Krieges”).