Schlag null Uhr Kaffeepause mit guter Musik in Nis (Nisch).
Gunne: Etliche Türkentransporte halten hinter uns. Nur der Erste in der Kolonne hat die Augen auf, der Rest hängt schlafend an der Stoßstange des Vordermannes, in diesem Fall unglücklicherweise an unserer. Großer Aufruhr, weil wir Richtung Griechenland unterwegs sind. „Hier nix Türkiye. Hier Yunanistan!”.
Dann runter vom Put, was durchaus risikoschmälernd wirkt, das jugoslawische Bergland ist interessant, kurvenreich und schwarz mit großem Sternenhimmel und flotter Musik. Drei Uhr Skopje, vier Uhr Robert ans Steuer, halb sieben die griechische Grenze, die Uhren werden gestellt, und auf einmal ist es acht Uhr dreißig.
Durch die scharfen Kurven erwacht auch der letzte Bus-Bewohner, plötzlich eine Frühstückspause. Der Tankwart lotst uns aus mangelnder Sprachkenntnis sofort in das Restaurant seiner Mutter. Essen und Fliegen. Dort beruhigen wir unsere Mägen erst einmal. Dem Hupkonzert der vorbeisausenden LKW s zufolge scheint die Gaststätte beliebt zu sein.
Griechenland, soweit wir es jetzt sehen, scheint sehr freundlich, gemütlich, die Landschaft sandbraun in allen Schattierungen. ziemlich karg, wenige Bäume, viele Esel. Um zwölf Uhr unser erstes griechisches Bad. Die Erfrischung hält ungefähr fünf Minuten vor.
Mit letzter Kraft erreichen wir die Fähre nach Thassos, auf die unser Bus dank griechischer Stapelkunst noch gequetscht wird. Ich werde in der Ablage hinten, wo ich sowieso gerade schlafe, aus ökonomischen Gründen (Fahrkarte sparen) mit einem Schlafsack zugedeckt und darf mich nicht mehr rühren. Eine halbe Stunde schmoren bei Sauna-Temperaturen, die Luft unter dem Schlafsack geht mir langsam aus, ich bin jedenfalls hellwach und klatschnaß, als wir auf Thassos ankommen. Auf der Hafenmole brechen dann alle mehr oder weniger zusammen. Ich stürze mich sofort ins Meer, Brüdi auf das nächste eßbare Zeug, Gabi in das nächste Postamt und die anderen mehr oder weniger ziellos in der Gegend herum. Alles ist so ziemlich auf Tourismus abgestellt, überlaufene Geschäftsstraßen, voll mit gut-Griechischem, ein abgedrängter kleiner Fischerhafen mit blau-gelb-roten Fischerbooten, viele Cafés, aber auch friedliche Seitenstraßen mit mit Gemüse‑, vor allem Melonenhändlern, verschachtelte Höfe und dicke Griechinnen.
Neben unserem Bus stellt sich bald ein Maiskolbenhändler auf. Stefan ist mitten auf der Hafenmole eingeschlafen. Wir anderen setzen uns im Kreis herum und essen Melone. Kurz bevor die Polizei auftaucht, entschließen wir uns, doch einen ruhigeren Platz für die Nacht zu suchen, was sich als schwierig erweist. Um die Leute auf die viel zu teuren Campingplätze zu zwingen, hat man überall „No Camping“-Schilder aufgestellt oder, noch pfiffiger, den verlockenden Strand eingezäunt. Nach endlosen Holperwegen stießen wir dann doch auf eine verlassene Hacienda, die wir uns rasch unter den Nagel rissen. Als ordnungsgemäße Besitzer verschlossen wir auch das Tor, als wir im nächsten Ort zum Essen gingen. Echt griechisch wurden wir dann auch sofort in die Küche gelotst, wo uns recht merkwürdige Gerüche entgegenschlugen. Brüdi weinte bei dem Gedanken an die geliebte Currybude zu Hause. Trotzdem bekamen wir gutes, öliges Essen und Retsina (das ist griechischer Harzwein, schlecht, aber nach einiger Zeit gewöhnt man sich daran).
Wieder auf der Hacienda, wollten wir doch nicht im Haus schlafen, schlugen das Zelt auf dem Hof auf und schliefen zur Hälfte im Bus, zur anderen Hälfte im Zelt.