8. Afghanische Kavaliere

29. August

Am Mor­gen steht der Ver­kehr auf der von Stein­schlag blo­ckier­ten Berg­stra­ße immer noch.

Rolf spen­diert pro Pas­sa­gier ein klei­nes Schäl­chen Was­ser aus dem Trink­was­ser­tank für eine mor­gend­li­che Kat­zen­wä­sche, und danach unter­neh­men wir Frau­en eine Wan­de­rung in das aus­ge­trock­ne­te Fluss­tal neben der Stre­cke. Wir stol­pern durch das Geröll, bis wir eine mit Büschen bewach­se­ne Sen­ke fin­den, wo es mög­lich ist, sich hin­ter den Sträu­chern für (mitt­ler­wei­le…) drin­gend not­wen­di­ge Ver­rich­tun­gen hin­zu­ho­cken – wäh­rend die ande­ren Mit­fah­re­rin­nen „Wache stehen”.

Auf dem Weg zurück zum 608 begeg­net uns ein mun­ter schwat­zen­des Grüpp­chen von Frau­en in leuch­tend far­bi­gen Saris, die sehr wahr­schein­lich aus dem sel­ben Grund hier unter­wegs sind.

Sie haben Taschen, Kör­be und sogar klei­ne Was­ser­krü­ge dabei, und plötz­lich ist es mir der Gedan­ke an das Klo­pa­pier unan­ge­nehm, das wir hin­ter dem Gebüsch zurück­ge­las­sen haben. Zwar haben wir unse­re Hin­ter­las­sen­schaf­ten not­dürf­tig mit Stein­chen bedeckt, aber trotz­dem machen wir mit unse­ren euro­päi­schen Toi­let­ten­ge­wohn­hei­ten nun mal mehr Dreck als die­se Frau­en – aus Paki­stan, ver­mu­tet Cathe­ri­ne – die kein Klo­pa­pier, son­dern nur einen Krug Was­ser brauchen.

Wer weiß denn schon, wann es in die­ser aus­ge­dorr­ten Gegend mal wie­der so kräf­tig reg­net, dass sich die von uns in der Land­schaft ver­teil­ten Papier­fet­zen auflösen?

Zum Früh­stück gibt es Kaf­fee, Tee und Müs­li mit H‑Milch, und dann ver­kün­det ein Hup­kon­zert die freu­di­ge Nach­richt – es geht end­lich weiter!

Lang­sam setzt sich die Fahr­zeug­ko­lon­ne in Bewe­gung, vor­bei an eini­gen LKWs, deren Fah­rer wohl Pro­ble­me haben, ihre Kis­ten nach der lan­gen Zwangs­pau­se wie­der zum Lau­fen zu kriegen.

Am frü­hen Abend errei­chen wir Mas­had, wo Rolf einen Cam­ping­platz ansteuert.

Der ist wie eine Oase in die­sem bis­lang eher uner­freu­li­chen (und anschei­nend nur von unfreund­li­chen Män­nern bewohn­tem) Land – das umzäun­te Gelän­de ist grün und gepflegt wie ein klei­ner Park, es gibt flie­ßend Was­ser und sani­tä­re Anla­gen von akzep­ta­bler Qua­li­tät und Sau­ber­keit, und die Wagen, die zwi­schen den schat­ten­spen­den­den Allee­bäu­men par­ken, sehen aus wie die auf dem Park­platz vor der Sul­tan-Ahmet-Moschee in Istanbul.

Tat­säch­lich tref­fen wir hier zwei Münch­ner wie­der, die ihren ver­beul­ten Ford Tran­sit dort ste­hen hat­ten, als auch wir in der Stadt am Gol­de­nen Horn waren… Und bei den Wasch­räu­men läuft mir doch tat­säch­lich die Kana­die­rin aus dem Hos­tel über den Weg, die mit ihrem Freund zusam­men mit öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln unter­wegs nach Nepal ist!

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Ein­zi­ger Wer­muts­trop­fen ist, dass es hier kein Restau­rant, kei­ne Cafe­te­ria, nicht ein­mal einen klei­nen Shop gibt. Denn obwohl uns allen der Magen knurrt – heu­te gab es nicht ein­mal ein aus Reis, ran­zi­ger But­ter und Zwie­beln bestehen­des ira­ni­sches Fern­fah­rer-Essen –, hat Nie­mand von uns Lust, jetzt noch in die Stadt zu gehen und nach etwas Der­ar­ti­gem zu suchen.

Also wird mit dem impro­vi­siert, was im 608 vor­han­den ist, und es gibt Instant-Brü­he, Voll­korn­reis und Knä­cke­brot. Nicht wirk­lich befrie­di­gend, aber bes­ser als gar nichts.