Den­noch war und blieb die Welt vol­ler Unge­reimt­hei­ten und Unge­rech­tig­kei­ten. Die TU, an der ich Infor­ma­tik stu­dier­te, war in empö­ren­der Wei­se unter­fi­nan­ziert, so dass wir wie die Hüh­ner auf der Stan­ge in den Vor­le­sun­gen saßen. Die­sen Zustand ken­nen Erst­se­mes­ter auf der gan­zen Welt, glau­be ich. Empö­rung und Streiks schaff­ten natür­lich Erleich­te­rung, aber wirk­lich bes­ser wur­de erst im zwei­ten und drit­ten Semes­ter, als immer mehr Kom­mi­li­to­nen das Stu­di­um aufgaben.

Für Empö­rung sorg­te, dass am Tag der Alli­ier­ten Streit­kräf­te Sol­da­ten über unse­re Alma Mater mar­schier­ten und Pan­zer mit­ten hin­durch roll­ten. Wir schli­chen uns daher auf dem Höhe­punk­te des alli­ier­ten Para­de in den Mathe­bau an der Stra­ße des 17. Juni und häng­ten vor­be­rei­te­te Trans­pa­ren­te an die Fas­sa­de, auf denen wir den USA-Impe­ria­lis­mus beschimpf­ten. Der Tri­umpf war enorm, dau­er­te aber nur kurz, und wur­de mit einem Poli­zei­ein­satz been­det. Den Rest des Tages hat­ten wir Gele­gen­heit, in der Gefan­ge­nen­sam­mel­stel­le in der Inva­li­den­stra­ße unse­re gegen­sei­ti­ge Bekannt­schaft zu ver­tie­fen. Unser hel­den­haf­ter Ein­satz für Frie­den und Völ­ker­freund­schaft ver­schaff­te uns auch eine Audi­enz beim Uni­ver­si­täts­prä­si­den­ten, der ein Gesicht mach­te, als woll­te er uns wegen Haus­frie­dens­bruch anzei­gen. Eine rechts­kräf­ti­ge Ver­ur­tei­lung wegen einer Straf­tat hät­te unse­re aka­de­mi­sche Kar­rie­re vor­zei­tig been­det, wie er uns ein­drucks­voll klar­mach­te. Unver­ständ­li­cher­wei­se gab er sich mit einem Schuld­ein­ge­ständ­nis und dem Ver­spre­chen, das ja nie wie­der zu tun, zufrie­den und ließ uns zie­hen. Einem der Orga­ni­sa­to­ren der Akti­on half ich wenig spä­ter beim Umzug nach Bre­men, natür­lich in die Neue Vahr. Er hat­te sein Stu­di­um abge­schlos­sen und dort Arbeit gefun­den. Es stell­te sich im Ver­lauf der Fahrt dort­hin her­aus, dass er bei den Howalds­wer­ken unter­ge­kom­men war, einem Rüs­tungs­lie­fe­ran­ten par Excel­lence. Die Fra­ge, in wel­chem Zusam­men­hang das mit sei­nem Enga­ge­ment für Frie­den und Völ­ker­freund­schaft am Mathe­bau stand, konn­te nicht voll­stän­dig geklärt werden.

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