Ärzte ohne Grenzen

Spie­gel und Han­dels­blatt fei­ern ein Start-up, dass mit­tels Apps Deutsch­land aus dem Mit­tel­al­ter in die digi­ta­le Neu­zeit kata­pul­tie­ren soll.

Das ist genau­so lächer­lich, als wür­de ein Infor­ma­ti­ker eine Haus­arzt­pra­xis auf­ma­chen, weil er selbst gele­gent­lich sei­ne Weh­weh­chen erfolg­reich the­ra­piert hat — mit dem Unter­schied, dass Geset­ze und Stan­des­ord­nung das nicht zulas­sen. Die­sen Ärz­ten soll­te man Gren­zen zie­hen und sie anhal­ten, das zu tun, wofür sie aus­ge­bil­det sind und nicht die Welt mit Apps zu beglü­cken, die indus­tri­el­len Maß­stä­ben von Ergo­no­mie, Daten­schutz und Daten­si­cher­heit, Soft­ware­de­sign, Schnitt­stel­len- und API-Design ein­fach in kei­ner Wei­se standhalten. 

Kar­dio­lo­gen schei­nen für die­se Art von Hybris gene­tisch anfäl­lig zu sein, die sie glau­ben lässt, sie wäre zu allem befä­higt, weil sie Ärz­te sind. Lei­der gibt es bereits meh­re­re Ärz­te, die mit ihren Lösun­gen durch die Lan­de tin­geln und den einen oder ande­ren Kli­nik­chef davon über­zeu­gen, gegen den erbit­ter­ten Wider­stand (oder ohne die Kennt­nis) der IT-Abtei­lung, die die­se Soft­ware war­ten und Anwen­der bei deren Bedie­nung unter­stüt­zen muss. 

Der Mythos der Gara­gen­fir­men, aus denen mil­li­ar­den­schwe­re Soft­ware­un­ter­neh­men ent­stan­den sind, ist zum Teil so miss­ver­stan­den wor­den, dass jeder Besit­zer einer Gara­ge eine Soft­ware­fir­ma grün­den und groß machen kann. Aus­schlag­ge­bend war in allen Fäl­len jedoch nicht die Gara­ge, son­dern unter­neh­me­ri­scher Geist und eben die tech­ni­sche Aus­bil­dung, die­se Din­ge zu tun.

Durch das Kran­ken­haus­zu­kunfts­ge­setz wird aktu­ell mas­siv Geld in das Sys­tem gepumpt. Das hat Gei­er und Blen­der auf den Plan geru­fen, die ihre Berech­ti­gung dar­aus bezie­hen, dass sie wis­sen, wie man die Ver­wal­tung für dumm ver­kau­fen und bezir­zen muss, um an die­se För­der­töp­fe zu kom­men. Aus­ge­ge­ben wird das Geld danach, wer als Anbie­ter sich recht­zei­tig in die Pole-Posi­ti­on gebracht hat und was ins Bud­get passt. Einen Mas­ter­plan, wie das Zusam­men­ge­kauf­te (oft nur Vapor­wa­re, von der ein schi­cker Mock-Up exis­tiert) zusam­men­spie­len soll, ist weder Vor­aus­set­zung noch in den Bera­tungs­leis­tun­gen ein­ge­schlos­sen (war­um soll­te man auch etwas tun, wofür es kein Geld gibt). Somit ist das Kran­ken­haus­zu­kunfts­ge­setz ein schö­nes Bei­spiel von einem nai­ven guten Vor­satz, der am Ende nur dazu führt, dass Steu­er­geld unters Volk kommt. Denn des­sen kön­nen wir gewiss sein: das Geld ist nicht weg, es hat nur ein anderer.